Neue "Kardinal-König-Abteilung" im Wiener Jüdischen Museum
In der Bibliothek des Wiener Jüdischen Museums - die zugleich die Bibliothek der Israelitischen Kultusgemeinde ist - wird eine "Kardinal König-Abteilung für jüdisch-christliche Verständigung" aufgebaut. Finanziert wird das Projekt von der "Kardinal König-Stiftung" (früher "Communio et Progressio"). Deren Präsident, Bischof Egon Kapellari, sprach bei einem symbolischen Festakt von einem "bleibenden Zeichen der Ermutigung" für die Beziehungen zwischen Christentum und Judentum. Vor allem für die Christen sei dies ein "Geschenk". Das "Volk des Buches" öffne seine geistig-spirituelle Schatzkammer und schaffe Platz zur Dokumentation dessen, "was nach aller Verfolgung und Vernichtung des jüdischen Volkes zuletzt wieder an theologischem und menschlichem Boden gewonnen werden konnte". Als Christ und als Verantwortlicher in der Kirche, die um ihre historische Mitschuld weiß, empfinde er das als eine "höchst eindrucksvolle Großherzigkeit", so Kapellari.
Kardinal König sei durch seine Person und sein Wirken zu einem Mentor und Träger im jüdisch-christlichen Miteinander geworden, erinnerte Bischof Kapellari. Dies nicht nur über Jahrzehnte hinweg in Österreich, sondern vor allem auch während des Zweiten Vatikanischen Konzils und in besonderer Weise bei der Erklärung "Nostra aetate" (über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen), die "ganz wesentlich seine Handschrift trägt". Für Kardinal König sei die jüdische Religion nichts "Äußerliches" gewesen, sie habe vielmehr für ihn zum "Inneren" auch des christlichen Glaubens gehört, sagte Bischof Kapellari. Wörtlich meinte der steirische Bischof: "Kardinal König war überzeugt, dass eine christliche Ökumene erst dann blühen könne, wenn zuvor das Verhältnis zum Judentum geklärt und bereinigt sei".
Der Vizepräsident der "Kardinal König-Stiftung", Prof. Heinz Nussbaumer, zeigte sich zuversichtlich, dass die neue Abteilung bald zahlreiche Bücher und Dokumente beinhalten werde, "die das Gemeinsame suchen und stärken - und das Verschiedene akzeptieren und respektieren". Es gelte, "neben dem Erinnern an alles Böse auch das zu würdigen, was es an Mühen um Verbundenheit und Nähe, um Dialog und Zusammenarbeit zwischen Christen und Juden gab und gibt".
Mit der Geld- und Sachspende der Stiftung wolle man im Gedenkjahr 2008 dem Geist und Vermächtnis Kardinal Königs treu bleiben und sich um die Stärkung des interreligiösen und interkulturellen Dialogs bemühen, so Nussbaumer.
Der Direktor des Museums, Georg Haber, sprach sich dafür aus, dass Christen und Juden angesichts der Herausforderungen des Säkularismus gemeinsame ethische Werte in die Gesellschaft einbringen müssen. Die Einrichtung der "Kardinal-König-Abteilung" sei zugleich ein Impuls für die Vertiefung des Gesprächs zwischen Juden und Christen auch auf dem Boden des Jüdischen Museums.
"Stolz auf jüdische Wurzeln"
Den Festvortrag hielt eine der aktuellen Symbolgestalten des christlich-jüdischen Gesprächs in Wien: Ruth Steiner, die langjährige Generalsekretärin der Katholischen Aktion Österreich. Sie wurde als Jüdin auf den Philippinen als Kind aus Österreich vertriebener jüdischer Eltern geboren und konvertierte nach ihrer Heimkehr nach Österreich mit 18 Jahren zur katholischen Kirche. "Ich bin Christin und stolz auf meine jüdischen Wurzeln", sagte Ruth Steiner wörtlich. Sie versuche, das Gemeinsame zu erarbeiten und das Trennende zu respektieren. Steiner: "Wie Jesus zu glauben ist jüdisch, an Jesus zu glauben christlich. Der Glaube Jesu eint uns, an Jesus zu glauben trennt uns".
Ruth Steiner betonte, dass das Christentum in ihren Augen keine Fortsetzung des Judentums sei, sondern eine eigene Tradition. Ausdrücklich verwahrte sie sich gegen alle Bestrebungen zur Missionierung der Juden. Wörtlich sagte sie: "Die Juden haben ihren Weg, die Christen haben einen anderen. Ich bin davon überzeugt: Beide Wege führen zu Gott".
1944 wurde Ruth Steiner im damals japanisch besetzten Manila als Tochter eines Wiener Ehepaars geboren, das wegen des NS-Rassenwahns Österreich verlassen musste. In Manila besuchte Steiner von 1952 bis 1959 die American School, von 1959 bis 1963 die Neulandschule in Wien. 1969 schloss sie das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien ab. 1963 trat sie in Wien zum katholischen Glauben über. Sie war von 1969 bis 1973 Leiterin des Internationalen Studentenclubs Wien, arbeitete von 1973 bis 1983 im Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse in Laxenburg (IIASA), und von 1983 bis 1986 in der "Citibank" in Wien. Von 1986 bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 2000 war sie Generalsekretärin der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ).
Ruth Steiner ist in zahlreichen Bereichen ehrenamtlich tätig: So ist sie Vorstandsmitglied im Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit und Vorstandsmitglied des Mauthausen Komitees Österreich.
Zum Gedenkjahr 2008 sagte Steiner, dass vor allem an der Basis viel geschehen sei. Sie sei stolz darauf, was etwa von Schulen oder Vereinen geleistet wurde. Gedenken habe nur dann Sinn, wenn es gelingt, durch die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit den Blick auf Gegenwart und Zukunft zu richten.
Quelle: Kathpress