Wien: Kardinal-König-Preis posthum an Kopten-Papst Shenouda III.
Hohe Auszeichnung für die mehr als 5.000 Mitglieder umfassende koptische Gemeinschaft in Österreich: Ihr im vergangenen März verstorbener Patriarch Shenouda III. wird am Samstag, 27. Oktober, posthum mit dem Kardinal-König-Preis 2012 ausgezeichnet. Der Präsident der Kardinal-König-Stiftung, Bischof Egon Kapellari, wird den Preis bei einem Festakt um 18 Uhr in der koptisch-orthodoxen Kathedrale in Wien-Donaustadt (Quadenstraße 4) stellvertretend an den koptisch-orthodoxen Bischof für Österreich, Anba Gabriel, übergeben. Das mit der Auszeichnung verbundene Preisgeld in der Höhe von 10.000 Euro wird für das Wiener theologische "Pope Shenouda College" zweckgewidmet.
Ursprünglich sollte der Preis an Papst-Patriarch Shenouda III. verliehen werden. Der Tod des Patriarchen am 17. März durchkreuzte diese Pläne.
Mit der Preisübergabe soll auch ein "starkes Zeichen der Solidarität und Verbundenheit" mit den koptischen Christen in Ägypten gesetzt werden, so der Vizepräsident der Kardinal-König-Stiftung, Prof. Heinz Nußbaumer. Nußbaumer wird die Laudatio halten.
Die Preisverleihung wird auch eine bedeutende ökumenische Begegnung werden. Ihr Kommen zugesagt haben u.a. der lutherische Bischof Michael Bünker, der syrisch-orthodoxe Chorepiskopus Emanuel Aydin, der methodistische Superintendent Lothar Pöll sowie Pfarrerin Aileen Hackl von der anglikanischen Kirche.
Pro Oriente-Präsident Johann Marte wird im Rahmen der Feier über die "Wiener christologische Formel" sprechen, mit der der zentrale theologische Streitpunkt über die Menscheit und Gottheit Jesu Christi zwischen der katholischen Kirche und den altorientalischen Kirchen ausgeräumt werden konnte. Shenouda III. hatte schon in den 1960er-Jahren Kontakt mit Kardinal Franz König und mit der Stiftung "Pro Oriente" aufgenommen, 1971 kam es schließlich zur Verabschiedung der Formel.
Neue koptische Bildungsstätte
Das "Pope Shenouda College" war am 22. September mit einer Vesper in der koptisch-orthodoxen Kathedrale in Wien-Donaustadt offiziell eröffnet worden. Bischof Anba Gabriel sagte damals, die Errichtung dieser Bildungsstätte sei ein Herzenswunsch des verstorbenen Papst-Patriarchen gewesen.
Das Programm der achtsemestrigen Bachelor-Ausbildung sieht nicht nur Wissensvermittlung, sondern ebenso eine intensive Verbindung mit der christlichen Spiritualität vor. Dabei will man sich bewusst auch "suchenden jungen Menschen" zuwenden. Dem Lehrkörper gehören u.a. auch Theologen aus Deutschland und Italien an. Das College hat inzwischen den Betrieb mit 15 Studenten aufgenommen.
Wien bot sich als Standort an, weil es hier bereits seit den 1970er-Jahren durch die Initiativen von Kardinal Franz König und die Tätigkeit der Stiftung "Pro Oriente" einen intensiven Dialog mit den orientalisch-orthodoxen Kirchen gibt. Zudem sind diese Kirchen auch als gleichberechtigte Partnerinnen im Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) vertreten.
Wien gehört zu den Kopten-Metropolen Europas. Papst Shenouda III. legte 1998 gemeinsam mit dem Kardinal Christoph Schönborn den Grundstein der koptischen Kathedrale im Nordosten Wiens. Etwa 4.000 Angehörige der bedrängten Minderheit aus Ägypten leben heute in Wien. Seit 2003 ist ihr Gemeinschaft auch staatlich anerkannt. Die österreichische Hauptstadt ist eine der Metropolen der Diaspora in Europa. Keine andere deutschsprachige Stadt versammelt so viele Kopten.
In den USA leben heute laut Schätzungen etwa zwei Millionen Kopten, in Deutschland rund 10.000. Allein Wien, wo sich der Großteil der Community befindet, gibt es vier koptisch-orthodoxe Kirchen. Seit 2000 versieht Bischof Anba Gabriel Dienst als oberster Hirte der Kopten in Österreich und der Deutschschweiz. Im ehemaligen Prinz-Eugen-Schloss in Obersiebenbrunn nahe Gänserndorf gibt es ein koptisches Kloster. Viele Kopten verdingten sich in den ersten Jahren wie andere Ägypter als Zeitungsverkäufer auf den Straßen Wiens.
Der Nachfolger von Papst Shenouda soll am 4. November feststehen. Am 29. Oktober wird in Kairo eine Wahlversammlung von über 2.400 Geistlichen und Laien zusammentreffen, um den Kreis von aktuell fünf Kandidaten auf drei einzuschränken. Zur Wahl stehen drei Mönche sowie der Kairoer Weihbischof Raphael und der Weihbischof für Beheira, Tawadros. Wer dann schließlich neues Oberhaupt der koptischen Kirche wird, entscheidet ein neunjähriges Kind durch Ziehung mit verbundenen Augen.
Quelle: Kathpress