Wiener Jesuiten wollen mit Bildung die Welt verbessern
Seit dem 31. Juli 2024 ist P. Helmut Schumacher der neue Direktor des Kardinal-König-Hauses in Wien-Hietzing. Der aus Norddeutschland stammende Jesuit hat im Interview mit Kathpress und der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" seine Pläne für das traditionsreiche Wiener Bildungshaus skizziert, über seine eigene Glaubensbiografie und das Leben und Wirken der Jesuiten Auskunft gegeben.
Vor 25 Jahren wurde das Bildungs- und Seminarzentrum der Jesuiten in Wien-Lainz nach Kardinal Franz König (1905-2004) benannt. Aus diesem Anlass findet am Dienstag, 19. November, um 18.30 Uhr ein Jubiläumsgottesdienst in der Konzilsgedächtniskirche mit anschließender Agape im Kardinal-König-Haus statt.
Kardinal König stand als Wiener Erzbischof für Offenheit, Dialog und für ein respektvolles Miteinander zwischen Menschen, Religionen und Kulturen, so P. Schumacher. Als er nach Wien kam, sei er erstaunt gewesen, wie viele, vor allem ältere Menschen, mit Kardinal König persönlich noch etwas verbinden würden.
"Viele haben ihn persönlich gekannt, hatten ihn als Religionslehrer oder wurden von ihm gefirmt." Alle würden sehr positiv vom früheren Wiener Erzbischof sprechen. Der Kardinal stand für Offenheit, Dialog und einen weiten Blick auf die Welt. Und dafür stehe auch das Kardinal-König-Haus. Schumacher: "Die Menschen können zu uns kommen mit ihrem Leben, mit ihren Fragen, mit ihren Sorgen, aber auch mit dem, was sie lernen wollen. Und wir bieten ein Haus mit einer großen Willkommenskultur."
Zur "Sonntag"-Frage, worin sich das Charisma der Jesuiten als Träger des Hauses zeige, meinte Schumacher: "Ganz ausdrücklich Jesuitisches zeigt sich im Bereich Spiritualität und Exerzitien. Wir haben einen eigenen Exerzitienbereich bei uns im Haus, wo jedes Jahr ein paar hundert Erwachsene und junge Erwachsene kommen, um Exerzitien zu machen und ihr Leben zu ordnen. Menschen, die auf der Suche sind nach Gott in ihrem Leben."
Vielfältiges Angebot
Ein weiterer Schwerpunkt sei die Akademie für Sozialmanagement im Haus. "Wir bilden die Führungskräfte für die Caritas aus." Hinzu kämen als weitere Schwerpunkte die Themenbereiche Hospiz, Palliative Care, Demenz und christlich inspirierte Führungs- und Organisationskultur. Ein weiterer Bereich sei die Ordensentwicklung.
Abgeschlossen sei das Angebotsspektrum freilich nie. "Wir wollen immer aufmerksam sein dafür, wo wir im Bildungsbereich etwas für die Gesellschaft leisten können. Wo sind die Sorgen, wo sind die Nöte der Menschen, der Gesellschaft und wo können wir mit unserem Charisma Menschen begegnen und ihnen helfen, ihr Leben zu leben?"
Er sei zudem davon überzeugt, "dass Bildung im Glauben in einer säkularen Gesellschaft eine hohe Bedeutung hat und noch bedeutsamer geworden ist", so Schumacher: "Viele Menschen möchten den Glauben reflektieren, ein Stück des Geheimnisses des Glaubens verstehen, wenigstens ansatzweise, damit man anderen, wenn man gefragt wird, erklären kann, was man überhaupt glaubt und was hinter unserem Glauben steckt und um die Schönheit des Glaubens erklären zu können."
Zu Hause in der Welt
Schumacher studierte Wirtschaft, Religionspädagogik, Philosophie und Theologie und wurde im Jahr 2009 für die Diözese Osnabrück zum Priester geweiht. In seinem Theologiestudium bei den Jesuiten in Frankfurt habe er die Spiritualität des Ordens bereits für sich entdeckt, das habe ihn schließlich nach Jahren als Diözesanpriester bewogen, in den Orden einzutreten.
Im Rahmen seiner ordensinternen Ausbildung verbrachte Schumacher mehr als eineinhalb Jahre in fernen Ländern. Er war als Gefängnisseelsorger in New York tätig, unterstützte Geflüchtete in Uganda, arbeitete mit Kindern auf den Philippinen und machte seinen letzten Ausbildungsabschnitt im Libanon. Dort absolvierte er auch die großen 30-tägigen Schweigeexerzitien, die die ordensinterne Ausbildung (vorerst) abschließen.
Später leitete er von 2017 bis 2022 das mk-Jugendzentrum in Innsbruck, promovierte 2019 in ignatianischer Spiritualität und initiierte in Innsbruck die "Zukunftswerkstatt". Im Jugendzentrum sei es darum gegangen, Jugendlichen ohne kirchliche Bindung Raum zu geben und ihnen zu ermöglichen, über den Glauben ins Gespräch zu kommen. "Viele wollen mit Kirche nichts zu tun haben, doch eine Sehnsucht nach Spiritualität und Transzendenz ist vorhanden", so der Jesuit. Es sei eine großes Privileg, so viele junge Menschen begleiten zu dürfen.
Dass Jugendliche einen neuen Zugang zu Gott finden, sei auch durchaus möglich. Freilich: "Dass sie dann auch in kirchlichen Strukturen bzw. in konkreten Pfarrgemeinden ihren Platz finden, das ist schon sehr schwierig."
In der Zukunftswerkstatt ging es darum, interessierten jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 30 Jahren einen Platz zu bieten, ihren Glauben zu vertiefen. Dazu gebe es viele intensive Angebote, etwa an Exerzitien und Schweigeveranstaltungen oder auch spirituell ausgerichtete Gruppenfahrten.
Schumacher: "Ich fand es faszinierend, mit welcher Ernsthaftigkeit junge Erwachsene ihren Glauben und ihren Platz in der Kirche suchten. Viele taten sich schwer mit der Institution der Kirche, besonders Frauen, und trotzdem sagten sie: 'Glauben und Kirche sind mir wichtig'. Und sie wurden nicht müde, daran zu arbeiten, um vielleicht etwas zu verändern."
Sieben Jesuiten leben im Kardinal-König-Haus und prägen das Angebot, vor allem aber auch die Atmosphäre im Haus, mit. In Wien gibt es auch eine Gemeinschaft im Jesuitenkloster im Ersten Bezirk. Gemeinsam bilden beide Häuser eine Kommunität.
Darauf angesprochen, dass die Jesuiten im Vergleich zu manch anderen Orden immer noch zahlenmäßig recht gut aufgestellt sind, meinte P. Schumacher, dass es auch in ihrem Orden nicht mehr so viele junge Ordensleute gebe wie früher. Doch die Zahl sei nicht das Entscheidende. "Wesentlich ist, was man will für die Welt. Nämlich in dieser etwas positiv verändern."